17. Mai 2023

Edward S. Boyden

Wilhelm Exner Medaille 2020

Die Wilhelm Exner Medaille wurde ihm bereits 2020 zuerkannt, doch wurde die Übergabe durch die bekannten Reiserestriktionen verhindert. Endlich am 22.-23. Mai kam er zu den Exner Lectures nach Wien.

Er ist ein amerikanischer Neurowissenschaftler am MIT.

Er ist der Y. Eva Tan-Professor für Neurotechnologie, ein Fakultätsmitglied des McGovern-Instituts für Hirnforschung und ein Howard Hughes Medical Institute Investigator.

Die Gruppe von Edward S. Boyden arbeitet an der Entwicklung neuer Werkzeuge für die Analyse und das Engineering von Gehirnschaltkreisen. Er nutzt eine Reihe von Ansätzen, darunter synthetische Biologie, Nanotechnologie, Chemie, Elektrotechnik und Optik, um Instrumente zu entwickeln, die die grundlegenden Mechanismen komplexer Gehirnprozesse aufdecken können. Er ist bekannt für seine Arbeiten zur Erfindung der Optogenetik und der Expansionsmikroskopie.

Seine Arbeit findet breite Anwendung in der Industrie und in seinen eigenen Start-up-Unternehmen wie Cognito Therapeutics und Expansion Technologies.

Abstract seiner 'Laureates Lecture':
Analyse und Reparatur des Gehirns

Das Gehirn ist vielleicht das komplexeste Ding, das wir kennen. Es erzeugt unsere Gedanken und Gefühle und macht uns zu dem, was wir sind. Zu verstehen, wie das Gehirn den Geist erzeugt, ist von grundlegender Bedeutung für das Verständnis der menschlichen Existenz. Außerdem sind weltweit über eine Milliarde Menschen von Erkrankungen des Gehirns betroffen, von denen keine vollständig geheilt werden kann. Um das Gehirn zu verstehen und zu reparieren, müssen neue Technologien erfunden und angewandt werden.

Die Expansionsmikroskopie (ExM) ist ein vom Boyden-Labor am MIT entwickeltes Instrument, mit dem das Gehirn kartiert werden kann. Die Kartierung des Gehirns ist deshalb so schwierig, weil das Gehirn aus vielen Zellen, den so genannten Neuronen, besteht, die durch dünne, drahtartige Fortsätze miteinander verbunden sind, die in winzigen Verbindungsstellen, den so genannten Synapsen, enden – allesamt zu klein, um mit herkömmlicher Technik abgebildet zu werden. Bei der ExM werden die Gehirnproben mit einer Chemikalie infundiert, die dem Material in Babywindeln ähnelt. Bei Zugabe von Wasser quillt das Windelmaterial auf und vergrößert das Gehirn um das 100-fache seines Volumens oder mehr.

Erstaunlicherweise ist dieser Expansionsprozess gleichmäßig, so dass Details im Nanobereich erhalten bleiben und größer und damit leichter zu erkennen sind. Nach der Vergrößerung kann das Gehirn mit kostengünstigen, allgemein verfügbaren Bildgebungsgeräten kartiert werden. ExM ermöglicht es, die Schaltkreise des Gehirns abzubilden, was die Entwicklung neuer Behandlungsmethoden für Gehirnkrankheiten ermöglichen könnte. Die mit Hilfe von ExM durchgeführte Kartierung des Gehirns könnte auch Aufschluss darüber geben, wie Informationen durch das Gehirn fließen und von ihm umgewandelt werden, was die Entwicklung neuer Arten von künstlicher Intelligenz ermöglichen würde.

Da die frühzeitige Erkennung aller Krankheiten, nicht nur der des Gehirns, Leben retten könnte, befassen sich viele Menschen mit dem Einsatz von ExM zur Früherkennung von Krankheiten. Durch die Entnahme einer Biopsie von einem Patienten und die physikalische Vergrößerung durch ExM können die kleinen Veränderungen, die im Frühstadium einer Krankheit auftreten, physikalisch vergrößert werden, so dass sie von Ärzten leichter erkannt werden können.

ExM wird weltweit eingesetzt, um biologische und medizinische Untersuchungen voranzutreiben, und Boyden hat ein Unternehmen mitbegründet, um die Technologie zu verbessern und für spezifische Probleme anzuwenden.