Lectures 2023 | Daniel Anderson

Daniel G. Anderson

Intelligente Materialien für medizinische Geräte und die Verabreichung von Zellen, RNA und Genom-Editoren

Medizinische Geräte haben das Gesundheitswesen revolutioniert, wobei fortschrittliche Biomaterialien bahnbrechende Behandlungen ermöglichen. Eine Innovation betrifft Materialien, die keine Immunreaktion auslösen und eine therapeutische Zelltransplantation ohne Immunsuppression ermöglichen. Ein weiterer transformativer Bereich ist die nanoskalige Arzneimittelverabreichung, bei der Nanopartikel – wie die in COVID-19-Impfstoffen verwendeten RNA-Träger auf Lipidbasis – eine präzise intrazelluläre Arzneimittelabgabe ermöglichen. Über Impfstoffe hinaus bergen diese Technologien ein enormes Potenzial für Gentherapien und bieten neue Möglichkeiten zur Vorbeugung, Behandlung oder sogar Heilung von Krankheiten. Dieser Vortrag befasst sich mit der Entwicklung und den breiteren therapeutischen Anwendungen von Nanopartikeln und RNA in der Humanmedizin und hebt deren vielversprechendes Potenzial bei der Behandlung einer Vielzahl von Krankheiten hervor.

Daniel G. Anderson (Massachusetts Institute of Technology USA)

Peter Ertl

Organ-on-a-Chip-Technologien: In vitro veritas?

Organ-on-a-Chip-Systeme enthalten lebende menschliche Zellkulturen, die in einer dynamischen Mikroumgebung unter kontrollierten physiologischen Bedingungen gezüchtet werden. Diese mikrophysiologischen Systeme ermöglichen die biologische, chemische und physikalische Manipulation und Analyse organotypischer Strukturen. Die zuverlässige Etablierung menschlicher Gewebestrukturen auf einer gemeinsamen Chip-Plattform hat das Potenzial gezeigt, Tierversuche in der Grundlagen- und angewandten Forschung sowie in industriellen Qualitätskontrollmaßnahmen zu reduzieren und zu ersetzen. Darüber hinaus werden Organ-on-a-Chip-Systeme zur Erstellung personalisierter Krankheitsmodelle eingesetzt, mit dem Ziel, klinisch relevante Informationen aus den eigenen Zellen eines Patienten zu gewinnen, um gezielte Therapieoptionen anzubieten. In diesem Vortrag werden der aktuelle Stand der Technik und ausgewählte Anwendungen von Organ-on-a-Chip-Systemen vorgestellt.

Peter Ertl (Technische Universität Wien)

Johannes Hackethal

Humanisierung von Zellkulturen

Die Zellkulturforschung, die Grundlage vieler medizinischer Anwendungen, stützt sich häufig auf tierische Materialien, die die menschliche Biologie nur unzureichend abbilden. Die menschliche Plazenta, eine skalierbare Quelle für extrazelluläre Matrix (ECM) ohne ethische Bedenken, bietet eine vielversprechende Alternative. Die Verwendung menschlicher ECM-Proteine reduziert Tierversuche, verbessert die wissenschaftliche Genauigkeit, minimiert falsche Ergebnisse und beschleunigt die Übertragung von Forschung in die Praxis. THT Biomaterials hat sich zum Ziel gesetzt, eine auf Plazenta basierende Proteinplattform zu etablieren, um tierische Materialien zu ersetzen und die Zellkultur zu humanisieren. Durch die Extraktion menschlicher ECM mit enzymatischen und nicht-enzymatischen Puffern und den Vergleich ihrer Leistung mit tierischen Biomaterialien in 2D- und 3D-Zellkulturen konnten signifikante Unterschiede in der Zellviabilität, Wachstumsrate und im Phänotyp beobachtet werden, was den Einfluss der Wahl des Biomaterials auf die In-vitro-Ergebnisse verdeutlicht.

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass aus Menschen gewonnene ECM die Relevanz von Zellkulturmodellen erhöht und den Weg für die weitere Entwicklung einer personalisierten Medizin für die Zukunft ebnet.

Johannes Hackethal (THT Biomaterials, Wien)

Linda Waldherr

Lokalisierte Krebsbehandlung mit iontronischen Geräten: Kontinuierliche Chemotherapie und ausgelöste Freisetzung von Therapeutika

Die Wirksamkeit von Chemotherapeutika wird oft durch eine schlechte Verabreichung und systemische Toxizität eingeschränkt. Iontronische Geräte bieten eine vielversprechende Lösung, da sie eine lokalisierte, effektive Verabreichung von Medikamenten ermöglichen. Es werden zwei Ansätze vorgestellt: die direkte iontronische Chemotherapie und ein „Click-to-Release”-Mechanismus zur ausgelösten Freisetzung wirksamer Chemotherapeutika. In einem Hirntumormodell auf einer vaskularisierten Membran eines Hühnerembryos induzierte die iontronische Chemotherapie einen Zellzyklusstillstand, Apoptose und eine Hemmung des Tumorwachstums und übertraf damit andere Kontrollbehandlungen. Für das Click-to-Release-System wurden die Tumorzellen mit einem biokompatiblen Prodrug behandelt, das nur bei Abgabe eines Triggermoleküls über Iontronik aktiviert wurde. Dieser Ansatz ermöglichte eine kontrollierte, bedarfsgerechte Toxizität mit präziser Regulierung der Zellabtötung.

Linda Waldherr (Medizinische Universität Graz)